Vor 10 Tagen, am 11.09.2024 haben Nathalie und ich das Internat in Caney, Nathalies Einsatzstelle, verlassen, um uns aufzumachen und die Organisation Camino de la Esperanza näher kennenzulernen. In diesen 10 Tagen haben wir viele neue Gesichter kennengelernt, alle mit einem offenen und fröhlichen Herzen. Um die Leichtigkeit der Menschen soll es in diesem Blogbeitrag gehen.
Die erste Station war der Sitz der Organisation im Barrio La Esperanza in Villavicencio. Dort haben wir alle Koordinatoren der einzelnen Projekte kennengelernt: Zwei Kindergärten, Schule für alle, die beschützende Werkstätte „Manos Amigas“ und Förderung für Menschen mit Beeinträchtigung, Frauen- und Familienförderung, sowie die Arbeit mit Senioren. Wir haben uns vorgestellt und gleich gespürt und gesehen, wie viel Engagement und Arbeit in der Organisation und Leitung der Projekte steckt.
Als nächstes sind wir nach Ciudad Porfía, einem Armenviertel am Rand von Villavicencio, in den Kindergarten Sagrada Familia gefahren. Dort werden die Kinder den ganzen Tag betreut, gefördert und bekommen 3 Mahlzeiten. Nicht nur die strahlenden Augen der Kinder, auch die Worte der Mütter, die sich bei und für unseren Dienst bedankt haben, haben gaaanz schön viele Emotionen in uns ausgelöst. Besonders, nachdem wir gesehen haben, woher die Kinder stammen, wo sie leben. Ciudad Porfía liegt direkt an einem Fluss, der in der Regenzeit über die Ufer tritt. Wellblech, Stoffe und Steine müssen zum leben reichen. Es ist wirklich bewegend, die Herkunft der Kinder vor Augen und im Hinterkopf zu haben – man kann trotzdem nicht anders, als sich von der Freude der Menschen anstecken zu lassen – die Leichtigkeit schwappt über. Bis auch die Grenzen zwischen uns „Deutschen“ und den Einheimischen, die uns überall willkommenheißen, verschwimmen.
Außerdem treffen sich im Gebäude Sagrada Familia noch Schüler und Schülerinnen der Schule für Alle. Dieses Projekt hat verschiedene Standorte um Villavicencio und unterstützt Mädchen und Jungen in Bildung. Mathe, Spanisch, aber auch Konzentration, Kreativität und Teamwork kommen nicht zu kurz. Einen zweiten Standort der Schule für alle haben wir am nächsten Tag kennengelernt. Die Schülerinnen und Schüler kommen meistens aus geflüchteten Familien zum Beispiel aus Venezuela. In der Schule für Alle haben sie einen sicheren Ort zum lernen und um Zeit mit anderen zu verbringen.



Alle Projekte sind für die Familien natürlich kostenlos, mit der Perspektive sich durch Bildung und Förderung aus der Armut zu befreien. So auch der Kindergarten in La Reliquia, in dem ich ab jetzt ein Jahr lang arbeiten werde. Als wir in Reliquia zu Besuch waren, durften wir einen ganz besonderen Tag miterleben: der letze Tag der Themen-Woche „Transportmittel“;) Zum Abschluss dieses Themas hat jedes Kind ein selbst gebasteltes Transportmittel mitgebracht und wir sind alle zusammen durchs Viertel gezogen – die Bilder sprechen für sich! Auch hier gibt es Mahlzeiten, Förderung und Zusammensein mit ganz viel Herz. Die Mitarbeiter und Schwestern in den Organisation haben uns jedes Mal so mit hineingenommen und uns gesagt: „In einem Jahr wollt ihr gar nicht mehr zurück nach Deutschland!“ Schaun wir mal – ihr seid live dabei;)


Den nächsten Tag haben wir auf dem Feld in der Seniorenförderung verbracht. Das war anstrengend sag ich euch! 32 Grad, tropisches Klima, Sonne und wir haben erstmal ein Beet umgegraben, um darauf neue Bohnen zu säen. Die Senioren bekommen nicht nur die Möglichkeit zu lernen, wie sie gesunde Lebensmittel anbauen, sondern verbringen auch aktiv Zeit miteinander. Die Angst vor Einsamkeit ist oft groß, aber hier arbeiten, essen und lachen alle ZUSAMMEN. Die Mitarbeiter haben uns Samen, Werkzeuge und natürlich helfende Hände zur Verfügung gestellt, sodass wir am Ende des Tages viiiiele neue Bohnen pflanzen konnten. Die Senioren kümmern sich außer um Tomaten, Bananen, Yuca und Kartoffeln auch um eine Hühnerschar.
Die letzte Station auf unserer Reise war Förderstelle für Menschen mit Beeinträchtigung. In diesem Zentrum, das erst vor 3 Jahren gebaut wurde, lernen und arbeiten Beeinträchtigte von Grundschulalter bis Erwachsene. Wir haben gebastelt, neue Vokablen gelernt, Sport auf dem nahegelegenen Spielplatz gemacht, gemalt und ganz viel gelacht! Für Beeiträchtigte ist die Chance zu Förderung bis zum Beruf in Kolumbien sehr gering. Durch die Werkstätten und die Bildung, lernen alle, was sie alles erreichen können. Am Ende des Tages viele bunt gemalte Bilder und Figuren, selbst gebackenes Brot, selbst geschriebene Wörter – neue Fähigkeiten und dadurch ganz viel Selbstwertschätzung!
Aktuell wohnen wir wieder im Internat, bis wir bald mit unserer Arbeit anfangen. Mit uns leben hier Mädchen und Jungen zwischen 11 und 17 Jahren. Sie kommen aus sehr ländlichen Regionen und hätten deshalb keine Möglichkeit, eine Schule zu besuchen. Durch das Internat bekommen sie die Chance, auf einer staatlichen Schule einen Schulabschluss bis zum Abitur zu machen. Die Mitarbeitenden begleiten die Jugendlichen in ihrem Tagesablauf. Am Internat angeschlossen ist ein Bauernhof, sodass die Jugendlichen weiter in einem landwirtschaftlichen Betrieb tätig sein können. Ein kleines Paradies ist das hier, in mitten der ruhigen Natur!

Ich bin jetzt schon wahnsinnig dankbar für die viele Freude und Liebe, die mir entgegenkommt. Da lösen sich Heimweh, oder Selbstzweifel, die mal wieder hochkommen, ganz schön schnell auf;) Ich freue mich sehr auf alles, was mich jetzt erwartet!
Ein ganz neuer Alltag, noch mehr neue Gesichter, Herzen und ganz viel Leichtigkeit.
